Gute Arbeitsbedingungen in der Pflege mit nur einem Klick?

So einfach ist es leider nicht – sollte es aber sein! Im Abgleich von Wunsch, Wirklichkeit und den digitalen Möglichkeiten entsteht eine digital getriggerte Vision einer hoffentlich nahen Zukunft.

Viele gute Ansätze – kein durchschlagender Erfolg
Die schlechten Arbeitsbedingungen in der Pflege sind seit Jahren bekannt, weder groß angelegte, gemeinsame Aktionen wie die Konzertierte Aktion Pflege (KAP) noch die neuerliche mediale Aufmerksamkeit in der Corona-Krise konnten die Situation ausreichend verbessern. Der steigende Rückhalt und die kommunizierte Wertschätzung in der Bevölkerung werden sichtbarer und stellen eine zu begrüßende Entwicklung dar. Auch Politiker aller demokratischer Partien möchten, laut eigener (Wahlkampf-)Aussage, die Arbeitsbedingungen verbessern. Dennoch tut sich nicht genug und das zu langsam. Woran liegt das?

Fördermaßnahmen funktionieren nur in Pilotprojekten?
Die Symptome und die Heilmittel sind bekannt. Allein die KAP hat hunderte Seiten mit Zielen und möglichen Maßnahmen zur Erreichung gefüllt. Die Studienlage und Empirie sind gut. Es gibt wirksame, facettenreiche Maßnahmen, um die Arbeitsbedingungen in den Einrichtungen zu verbessern. Beispielsweise zeigte das Pilotprojekt zur Umsetzung guter Arbeitsbedingungen in der Pflege 2019 in 25 Pflegeeinrichtungen auf, wie die Arbeitsbedingungen durch konkrete Maßnahmen verbessert werden können. Tatsächlich gibt es neben diesem Projekt (welches momentan für 750 Einrichtungen bundesweit aufgelegt wird) zahlreiche Förderprogramme, die die Situation verbessern sollen und in Pilotprojekten und Nachfolgeprojekten Erfolge erzielen konnten. Gefühlt erreichen diese Projekte aber nur einen kleinen Teil der Pflegenden und nicht unbedingt die, bei denen die Situation am kritischsten ist. Besonders kleine und mittelgroße Einrichtungen werden von den bürokratischen Hürden und finanziellen Beteiligungen (ohne Garantie auf Erfolg) abgeschreckt.

Eine Notbremse für schlechte Arbeitsbedingungen – jetzt!
Schwarze Schafe unter den Anbietern vermeiden Verbesserungsmaßnahmen womöglich auch, um höhere Kosten durch gute Arbeitsbedingungen zu vermeiden. Das darf nicht sein!

Ich träume von einer Welt, in der schlechte Arbeitsbedingungen erkannt und transparent gemacht werden.

  • Warum kann man nicht mit der Erkenntnis, dass in einer Einrichtung schlechte Arbeitsbedingungen vorherrschen (egal ob vom Pflegenden oder von der Leitung) auch die angedachte Förderung bekommen?
  • Wir leben in einer hochdigitalisierten, informationsgetriebenen Welt. Warum gibt es nicht einfach die Möglichkeit einen Notfallbutton für schlechte Arbeitsbedingungen zu drücken und die Hilfe kommt zu einem?
  • Warum gibt es keinen digitalen Lebens- und Gestaltungsraum für eine engagierte Community, die die Verbesserung der Arbeitsbedingungen mit praktischen Hinweisen und Tipps vorantreibt und Missstände schonungslos transparent macht?

Eine Plattform als Katalysator für Förderung und Austausch
Eine bundesweite Plattform könnte als Einstiegs-, Dreh- und Angelpunkt für Maßnahmen rund um die Verbesserung der Arbeitsbedingungen stehen: Eine Pflegedienstleitung sucht Möglichkeiten die Dienstplangestaltung verlässlicher und fairer zu gestalten – praktische Vorlagen und Hilfen zum Download stehen bereit. Eine Einrichtungsleitung möchte das betriebliche Gesundheitsmanagement adäquat gestalten – ein Klick und die Beratung, samt ausgefülltem Förderantrag, kommt vorbei. Pflegende haben den Eindruck, dass sie ausgebeutet werden und die Arbeitsbedingungen unterdurchschnittlich sind – ein kurzer Austausch mit der Community und die Situation wird publik gemacht – Transparenz als Katalysator und Brennglas.

Träger mit schlechten Arbeitsbedingungen würden öffentlichen Druck spüren, Hilfesuchende könnten ohne Bürokratiehürden (wohl aber mit Bedarfsprüfung) Hilfe zur Selbsthilfe erhalten und vorbildliche Einrichtungen könnten ihre Strahlkraft entfalten und gleichzeitig schwächere Einrichtungen unterstützen. Am Ende hilft das der ganzen Branche und der gesamten Gesellschaft.

Personal ist der Erfolgsfaktor der Zukunft, aber der Markt schafft die guten Arbeitsbedingungen (noch) nicht.

Entbürokratisierte Unterstützung ein Wunschtraum?
Sie denken ein unrealistischer Wunschtraum? Ich glaube nicht! Mit etwas politischem Willen und moderaten Mitteln zur Umsetzung könnte es ganz schnell gehen. Tatsächlich ist die Idee einer zentralen Plattform für Einrichtungen der Altenhilfe bereits im Konzept des oben genannten GAP-Projekts enthalten. Die Idee vom Austausch zwischen den Einrichtungen, die Zusicherung der unkomplizierten, begleiteten Hilfe zur Selbsthilfe, sowie der Ansatz, dass der Beratende selbst die Finanzierung der Maßnahmen mitbringen und alle bürokratischen Hürden aus dem Weg räumen kann wird im bundesweiten Rollout des Projekts umgesetzt. Wer Hilfe sucht, soll Hilfe bekommen, nicht 20 Formulare ausfüllen und in Ungewissheit warten.

Wer Hilfe sucht, soll Hilfe bekommen, nicht 20 Formulare ausfüllen und in Ungewissheit warten.

Vielleicht treibt der Erfolg eines solchen Projekts auch die Idee der skizierten Plattform als Kanalisierung entbürokratisierter Hilfe voran. In jedem Fall wünsche ich allen Einrichtungen viel Erfolg bei der Verbesserung der Arbeitsbedingungen. Die breite Motivation die Situation zu ändern ist aus meiner Sicht eine gute Ausgangslage, um tatsächlich etwas zu verbessern. Das das nicht einfach wird ist klar. Aber der Weg lohnt sich.