Keine Überraschung aber doch überraschend: KHZG-Fristen verschieben sich deutlich

Der GKV-Spitzenverband und die DKG haben sich auf neue (gestaffelte) Umsetzungs- bzw. Nutzungsfristen der KHZG Muss-Kriterien geeinigt. Dies bedeutet zum einen eine Entlastung für die umsetzenden Krankenhäuser und IT-Dienstleister, erfordert aber zum anderen eine systematische Anpassung der KHZG-Programm- bzw. Multi-Projektplanungen.

Keine Pauschalverschiebung, sondern ein gestaffelter Kompromiss

Nach aktuellen Informationen des Handelsblattes umfasst der Kompromiss folgende Vereinbarungen:

  • Der Erhebungszeitraum als Grundlage für mögliche Sanktionszahlungen beginnt laut der neuen Umsetzungsvereinbarung nicht am 01.01.2025, sondern erst am 31.12.2025.
  • Es ist kein Nutzungsnachweis für Patientenportal, Behandlungsdokumentation und andere Muss-Anwendungen in den Jahren 2025 und 2026 erforderlich.
  • Es wurde ein Stufenplan zur anteiligen Nutzung (siehe Grafik) vereinbart.
  • Die prinzipielle Umsetzungspflicht der Muss-Kriterien aus Fördertatbestand 2-6 sowie die Höhe der Sanktionszahlungen von bis zu 2 % des Rechnungsbetrags für jeden voll- und teilstationären Fall bestehen weiter.

Darüber hinaus verfestigt sich das Bild zu möglichen Lockerungen der Länder, was die Abrufung der Fördermittel angeht:

  • Bayern meldet, dass lediglich die Verträge für die jeweiligen Projekte bis zum 31. Dezember 2024 abgeschlossen sein müssen.
  • Thüringen weist darauf hin, dass Projekte nach dem Krankenhauszukunftsgesetz bis Ende 2024 beginnen müssen, aber nicht notwendigerweise umgesetzt sind.
  • Hamburg stellt fest, dass KHZG-Projekte auch nach dem 31.12.2024 förderfähig sind, wenn sie bis dahin beantragt und bewilligt werden.

Zahlreiche Umsetzungshindernisse machten die Verschiebung notwendig

Kaum einer in der Branche hat wirklich damit gerechnet, dass die Sanktionszahlungen tatsächlich Anfang 2025 fällig werden. In der aktuell extrem angespannten finanziellen Situation vieler Häuser und den zahlreichen extern bedingten Verzögerungen in der Umsetzung der KHZG-Projekte, hätten diese fatale Folgen gehabt.

Viele Häuser haben aus einer Risikoabwägung oder aus Liquiditätsgründen KHZG-Projekte auf den Eingang des entsprechenden Fördermittelbescheids bedingt. Durch die langsame Bearbeitung der Anträge kam es hierdurch regelmäßig zu einer Verzögerung von rund einem Jahr. Nicht-öffentliche Träger hatten anschließend oftmals Schwierigkeiten mit der nicht vertrauten Vergabe-Thematik den korrekten Beauftragungsweg zu wählen – was zusätzliche Verzögerungen nach sich gezogen hat. Aktuell kämpfen viele Häuser, neben Personalmangel und einer Vielzahl paralleler Umsetzungs-Projekte, insbesondere mit Lieferschwierigkeiten bei der Hardware (tlw. mit Lieferzeiten von bis zu einem Jahr, etwa bei Netzwerktechnik) und Engpässen der IT-Dienstleister (aktuelle Aufträge können tlw. erst 2025 umgesetzt werden). An vielen Stellen führt dies neben Frustration zu ineffizienten, sub-optimalen und teuren Lösungen. Prozessanpassungen werden nicht sinnvoll zu Ende gedacht, Lösungen nach Lieferbarkeit priorisiert und Anbieter adhoc ausgewählt.

Entspannung lädt nicht zum Zurücklehnen ein, sondern bietet die Change zur Nachhaltigkeit

Die Nachricht über die Verschiebung wird also den meisten Kliniken sehr gelegen kommen. Sie sollte aber nicht zum Zurücklehnen einladen. Vielmehr ist jetzt angezeigt sorgfältig die aktuellen Risiken und Fehlentwicklungen zu verstehen und die Entzerrung zu nutzen, die Digitalisierungsprojekte nachhaltiger zu gestalten. Das bedeutet Kosten(explosionen) eindämmen, Einführungen von Weiterentwicklungen sowie neuer Systeme gut zu begleiten (keine Schattenprozesse, sinnvolle Prozessanpassungen, Anwender:innen gut schulen….), technische Redundanzen vermeiden und die Grundlagen für die zukünftige Weiterentwicklung legen (e. g. IOP und CDR).

Wer in den nächsten Wochen seine Programmplanung bzw. sein Multiprojektmanagement zur KHZG-Umsetzung nicht an den aktuellen Informationsstand anpasst vergibt die Chance für eine „bessere“ Digitalisierung und handelt fahrlässig.

Prof. Dr. Jan Appel

Die Anpassung der Planung, die einen hohen Abhängigkeitsgrad zwischen den Einzelprojekten hat, ist dabei nicht trivial; insbesondere da die Fristen nicht pauschal um zwei Jahre verschoben wurden, sondern es eine Vielzahl neuer Fristen gibt (siehe Grafik).

Keine Zeit für Ausreden – eine fristgerechte Umsetzung der KHZG-Projekte mit deutlich positivem (Digitalisierungs-)Effekt ist möglich

Der jetzt verkündete Kompromiss ist eine positive Nachricht und schafft Planungssicherheit. Er kommt für viele Kliniken zum richtigen Zeitpunkt, da die Umsetzungshürden und Planabweichungen in den letzten Monaten vielerorts eklatant wurden.

Jetzt heißt Ärmel hochkrempeln, Pläne anpassen und etwas Gutes draus machen.

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