Fokus Vernetzung oder UX?
Für die Patient:in ist es wahrscheinlich egal, wie der Name lautet. Ihr ist wichtig möglichst niederschwellig und ohne digitale Brüche im optimalen Prozess behandelt und gut informiert umsorgt zu werden. Steht ihr hierbei ein Portal zur Verfügung, welches mit den modernen Mitteln der digitalen Welt in jeglicher Hinsicht informierend und organisierend zur Seite steht, dann können wir von einer Erfolgsgeschichte des digitalen Wandels sprechen.
Diese Erfolgsgeschichte beginnt aber nicht mit einer attraktiven UX oder einer schönen Web-Applikation, sondern mit den notwendigen Veränderungen auf Prozess- und Systemebene. Aus der Perspektive des Projekts „Patientenportal“ ist die UI meist das geringste Problem. Die Herausforderung ist es die erwarteten Prozesse, die über das Patientenportal „erreichbar“ sind, zu gestalten und zu ermöglichen. Letzteres setzt in der Regel einen tiefen Eingriff in das Zusammenspiel der beteiligten Systeme (intern wie extern) voraus. Bei dem Projekt „Patientenportal“ handelt es sich somit meist um ein Projekt „Interoperatibilitätsplattform & Vernetzung“ ergänzt um „Prozessoptimierung“. Wenn es also eigentlich die Vernetzung als Mammutaufgabe im Vordergrund steht, dann erfüllen wir die drei obengenannten Kriterien des Unworts.
Patientenportal-Anbieter: Ein komplexer Dschungel mit Fallstricken und Papiertigern
Die begriffliche Irreführung aus der Perspektive der Umsetzenden und klinischen Nutzer:innen (die ja viele Stunden mit dem Portal verbringen werden, aber keine Patient:innen sind) wird ergänzt um eine schillernde Unterschiedlichkeit der Produkte, die dieses Label für sich vereinnahmen. Unzählige Anbieter werben mit „Patientenportalen“. Viele behaupten dies auch im Rahmen des KHZG umsetzten zu können. Nur wenige bieten jedoch umfassende Systeme, die den Umsetzenden in den Kliniken eine zufriedenstellende, nachhaltige Lösung ermöglichen.
Durchblick schaffen – Wir brauchen ein Patientenportal-Dashboard!
Viele Krankenhäuser können auf Grundlage einer Bedarfsanalyse und ihrer Digitalisierungsstrategie sehr gut das Zielbild eines Patientenportals beschreiben. Dieser SOLL-Zustand wird allerdings in der Regel nicht 1:1 durch einen Anbieter bzw. ein Produkt-Portfolio abgebildet werden. Es beginnt die Suche nach passenden „Second-Best-Lösungen“ und dem Abwägen von Funktionalitäten gegeneinander sowie gegenüber Kostenaspekten. Die Unschärfe des Begriffs und die Marketingkampagnen zahlreicher Anbieter machen eine Recherche nach den aktuellen Möglichkeiten des Marktes frustrierend und aufwendig.
Gerade im Rahmen der KHZG-Umsetzung ist aber vielen an einer zeitlich effizienten und verlässlichen Umsetzung gelegen, die sich an den Muss- und Kann-Kriterien der Richtlinie orientiert. Wie schön wäre da ein Dashboard, welches es ermöglicht mit wenigen Klicks die relevanten Anbieter nach umsetzbaren Kriterien zu filtern und in tiefere Informationen eintauchen zu können?
Nicht Reden – Machen!
Frei nach dem Motto besser unvollkommen beginnen, als perfekt zögern haben wir deswegen ein solches Patientenportal-Dashboard erstellt, dass jede Interessierte:r unter folgender URL einsehen und nutzen kann.
Ich hoffe, es hilft Ihnen sich im Dschungel der Patientenportalanbieter zurechtzufinden und würde mich sehr über Feedback oder Hinweise zu möglicherweise fehlenden Anbietern freuen.
Patientenportal – Unwort des Jahres?
Wahrscheinlich schafft es das Wort nicht in die engere Auswahl der Jury der „Sprachkritische[n] Aktion Unwort des Jahres“, aber die Kriterien „euphemistisch“, „verschleiernd“ und „irreführend“ erfüllt es m. E. sehr gut. Selten habe ich es bei einem Begriff im Arbeitsalltag erlebt – außer bei der „Digitalisierung“ –, dass dieser bei der ersten Ansprache direkt wieder relativiert oder klargestellt wurde. Zahlreiche Mandanten und Kolleg:innen lehnen den Begriff für die Gesamtheit der Lösung, die im Rahmen des Fördertatbestands „Patientenportale“ umgesetzt wird, kategorisch ab.